UG_Unterkunftsgebühren-Umgang
AKTUELL!!
Verwaltungsgerichtshof kippt Unterkunftsgebührenordnung:
Der Verwaltungsgerichtshof hat die bis jetzt bestehende Unterkunftgebührenordnung für ungültig erklärt. Die Höhe der Gebühren orientiere sich nicht an den tatsächlichen Kosten für die Unterkunft. Die Gebührenordnung muß neu erstellt werden. Lesen Sie unten Details und aktuelle Handlungsempfehlungen.
Hier das Urteil im Wortlaut: Urteil
Hier eine einfacher lesbare Zusammenfassung: Zusammenfassung Urteil
Handlungsempfehlungen
aktuellste Empfehlung RA Schank Juni 2018:
ug_schank-gebuehrenbescheide-juni-2018
kurz von der Caritas zusammen gefasst:
- alle Zahlungen einstellen - auch für Energiekosten
- bei noch eintreffenden Bescheiden Widerspruch/Klage einreichen siehe Beschreibung
- Sparkonto anlegen und Ratenzahlungen dort ansparen. Denn es wird eine neue Gebührenordnung erstellt. Es ist unklar wie hoch dann die Gebühren ausfallen und wie weit rückwirkend bezahlt werden muss.
- Urteil gilt nicht für Gebührenordnung der Stadt München
ausführliche Handlungsempfehlungen von Rechtsanwalt Heinhold, Mai 2018
ug_handlungsempfehlung-heinhold-2018-05-28
Unterkunftsgebühren nach dem Beschluss des Bay VGH (12 N 16.9 ) vom 16.5 2018
Der Bay VGH hat mit Beschluss vom 16.05. die §§ 23 und 24 der Asyldurchführungsverordnung DV Asyl) für unwirksam erklärt. Die Staatsregierung hat erklärt, dass sie kein Rechtsmittel einlegen wird, sondern umgehend eine neue Verordnung erlassen wird. Bis dahin herrscht Unsicherheit.
Nachstehend will ich einige der häufigsten praxisrelevanten Fragen beantworten:
1. Wenn jetzt noch Bescheide kommen oder die Klagefrist noch nicht abgelaufen ist, soll ich dann Klage erheben?
Ja. Zwar wurde erklärt, dass die noch nicht bestandskräftigen Bescheide aufgehoben werden und neue nicht mehr verschickt werden, aber darauf sollte man sich nicht verlassen. Ein Kostenrisiko besteht im Fall einer Klage nicht.
2. Soll ich eine vereinbarte Ratenzahlung fortsetzen?
Nein. Derzeit ist ungewiss, wann und mit welchem Inhalt und zeitlichem Umfang (z.B. rückwirkend) die Neuregelung ergeht. Zahlungen erfolgten „ins Blaue“, wobei ungewiss ist, in welchem Umfang sie später mit den geänderten Gebühren verrechnet werden können. Es ist nicht unbedingt erforderlich, die Zahlungseinstellung mitzuteilen.
Es ist im Einzelfall zu überlegen, ob nicht die Raten auf ein eigenes (Spar)-Konto erfolgen, damit dann, wenn die neuen Gebühren festgesetzt sind, nicht allzu große Rückstände aufgelaufen sind.
3. Muss ich befürchten, dass der Gerichtsvollzieher kommt, wenn ich nicht mehr zahle?
Nein. Aus den alten Gebührenbescheiden kann nicht mehr vollstreckt werden. Das gilt sowohl für die Raten, als auch die Restforderung insgesamt.
4. Was passiert mit den Bescheiden, gegen die ich geklagt habe?
Sie werden aufgehoben werden – entweder von der Regierung selbst, oder vom Gericht. Die Verfahrenskosten hat der Freistaat zu tragen.
5. Muss ich gegen die alten Bescheide jetzt vorgehen und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen, wenn ich sie früher akzeptiert habe?
Das ist nicht nötig. Aus den alten kann nicht mehr vollstreckt werden, so dass nichts mehr passieren kann.
7. Werden die alten Bescheide aufgehoben? Bekomme ich Geld zurück?
Nicht automatisch. Die bestandskräftig gewordenen Bescheide bleiben vielmehr wirksam (auch wenn daraus nicht mehr vollstreckt werden kann). Daraus folgt auch, dass keine Rückzahlung erfolgt, wenn man bezahlt hat. Möglich ist jedoch, dass die Neufassung der VO anordnet, dass alle Bescheide, die nach dem 01.09.2016 (dem Inkrafttreten der aufgehobenen Regelung) unwirksam sind; möglich ist auch, dass nur einzelne Bescheide von Amts wegen aufgehoben werden, möglich auch, dass einzelne Bescheide auf Antrag aufgehoben werden. In diesen Fällen erfolgt ggf. eine Verrechnung der bereits bezahlten Beträge mit den neu geschuldeten.
8. Wann kommt die Neuregelung und ab wann gilt sie?
Das ist derzeit ungewiss. Das jetzt zuständige Innenministerium hat eine baldige Neuregelung angekündigt. Unklar ist auch, ob sie eine rückwirkende Regelung treffen wird oder nur die Sachverhalte ab Mai 2018 erfassen wird.
9. Gilt die VGH- Entscheidung auch für Gebührenbescheide, die auf anderer Rechtsgrundlage ergangen sind, etwa der Gebührensatzung der Landeshauptstadt München vom 20.12.2017?
Nein. Die Wirksamkeit der Regelungen anderer Gebührensatzungen ist von dem Beschluss nicht betroffen.
Grundsätzliches
Die Erstattungs- und Gebührenfestsetzungsbescheide (UG) werden auf Grundlage der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) für die Nutzung von Asylunterkünften erhoben. Es handelt sich nicht um eine Miete sondern eine Nutzungsgebühr. Bescheide bestehen aus den Kosten für Unterkunft und Haushaltsenergie (Strom) und werden in der Regel über mehrere Monate oder sogar Jahre rückwirkend erhoben. Nicht selten belaufen sie sich auf mehrere tausend Euro. Bestehen die Voraussetzungen noch, wird laufend jeden Monat ein neuer Bescheid erstellt.
Rechtsgrundlage
AsylbLG, AufenthG, BayKG, BGB, DVAsyl, SGB II, SGB X, SGB XII
Zielgruppen
Asylbewerber, Abgelehnte im Klageverfahren und Personen mit Duldung, die in den letzten 4 Jahren Einkommen hatten und/oder aktuell haben; Anerkannte Flüchtlinge, die seit der Anerkennung zumindest zeitweise in Asylunterkünften gelebt haben.
ab hier ist die Beschreibung aufgrund des VGH-Urteils veraltet
Dokumente, die für die Beschreibung verwendet werden
- caritas-kurzinfo-5 Mai 17 Einkommen und Höhe Bescheide
- caritas-kurzinfo-6-erstattungsb-sachleistung für Fetischisten der Berechnung
- ug_factsheet-caritas-2017-07-06 Juni 17, CZ Dachau, gute Übersicht Gesetzesgrundlage
- ug_haubner-2017-10-13 aktuellste Info, sehr lesenswert!!
- ug_heinhold-2017-08-28 damit habe ich es endlich verstanden
- ug_heinhold-details-sep2017 Details zu ug_heinhold_2017-08-28
- ug_normenkontrollantrag-unterkunftsgebuehr-dvasyl anonymisierter Antrag auf Normenkontrollverfahren
- ug_reg-unterfr-info-gebuehrenpflicht-2017_07_04 Information der Regierung - auch über Gebührenhöhe und Zustandekommen.
- ug_stami-20171121-infoblatt-mdls-gebuehren Nov 2017 Info des Staatsministeriums
- ug_stami-20171121-infoschreiben-gebuehrenerhebung Nov 2017 Info des Staatsministeriums
- ug_widerspruch-antrag_44-vorlage ganz neu
- ug_widerspruch-vorlage ganz neu
News
News:
Hotline am 22.11.17 informiert das Staatsministerium über die Unterkunftsgebühren und eine gebührenfreie Hotline 0800-5099888. In den beiden Schreiben wird die offizielle Sichtweise detailliert beschrieben. ug_stami-20171121-infoblatt-mdls-gebuehren, ug_stami-20171121-infoschreiben-gebuehrenerhebung
Beim bayerischen Verwaltungsgerichtshof läuft ein Normenkontrollverfahren (Aktenzeichen 21 N 17.1822) wegen Treu und Sittenwidrigkeit, da die Flüchtlinge nicht genügend über die auf sie zukommenden Kosten informiert wurden und auch keine Rücklagen bilden konnten sowie der oftmals berechnete Höchstsatz für Unterkunft unabhängig von Zustand der Unterkunft und Wohnsituation. ug_normenkontrollantrag-unterkunftsgebuehr-dvasyl
Der Widerstand der Bayerischen Helferkreise hat es erreicht, dass Im Sozialausschuss des bayerischen Landtages Änderungen in der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) diskutiert werden. Leider keine für die Praxis oder Betroffenen relevanten Ergebnisse. Lediglich Härtefallprüfung möglich
Direkt zu den Handlungsempfehlungen: Handlungsempfehlungen
Prozeßschritte
Die Bescheide können auch mit einem bestimmten Vorgehen von Anwälten überprüft werden. caritas-kurzinfo-7-erstattungsbesch-gebuehrenbesch.
Überprüfung der Bescheide | Unterlagen |
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1. Erstattungsbescheid oder Gebührenfestsetzungsbescheid? | |
a. auf der ersten Seite nachschauen: Erstattungsbescheid für den Abrechnungszeitraum (Monat und Jahr) oder Gebührenfestsetzungsbescheid für den Abrechnungszeitraum (Monat und Jahr) | ug_anonym-erstattungsbescheid Seite 2 |
b. Erstattungsbescheid: Erstattungsbescheide gelten nur für den Zeitraum bis zum Anspruch auf Analogleistungen nach §2 AsylbLG (15 Monate nach Ankunft in BRD sofern keine Gründe dagegen sprechen) entsprochen wurde. Sie sind rechtswidrig, wenn sie sich auf Zeitraum mit Analogleistungen beziehen - dann Widerspruch einlegen inklusive Antrag , der die Überprüfung sämtlicher Bescheide gem. § 44 SGB X verlangt. Führt dazu, dass korrekte Bescheide erstellt werden. Rechtsbehelf ist Widerspruch bei der Regierung von Unterfranken innerhalb von 4 Wochen. Hat aufschiebende Wirkung (es muss nicht bezahlt werden bis zur Entscheidung über Widerspruch) | ab BÜMA oder Ankunftsnachweis ug_haubner-2017-10-13 ug_widerspruch-antrag_44-vorlage |
c. Gebührenfestsetzungsbescheid: gelten für Zeitraum nach 15 Monaten Aufenthalt in BRD (wenn nicht verweigert), in dem in Asylunterkünften gewohnt wird - auch für Anerkannte (Fehlbeleger). Wenn Bescheide über Zeitraum davor - dann sind sie rechtswidrig. Rechtsbehelf ist Klage innerhalb 1 Monat beim VerwG. | ug_haubner-2017-10-13 |
d. Wenn Titel und Zeiträume nicht übereinstimmen, Widerspruch bzw Klage erheben. | |
2. Festsetzungsverjährung? (Art 13 BayKG) | |
a. Verjährung 4 Jahre. Beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch angefallen ist. (Bescheide über 2013 im Jahr 2017 gültig, Bescheide über 2012 verjährt) | ug_heinhold-2017-08-28 Punkt 2 |
3. Sind Zeiträume mit eigenem Einkommen relevant oder nicht? | |
a. Menschen im Asylverfahren (auch Abgelehnte, die klagen) und rechtskräftig Abgelehnte und Geduldete mit eigenem Einkommen Grundsätzlich gilt: Wenn es einen Anspruch auf AsylbLG gibt wegen arbeitslos oder zu wenig Einkommen, dann ist er nicht gebührenpflichtig. Werden Gebühren über Zeiträume von Arbeitslosigkeit erhoben, sind sie sehr wahrscheinlich falsch. F kann in diesem Fall Widerspruch einlegen bzw klagen. Ist Bescheid korrekt, so kann er den Bescheid im Monat, in dem er ihn bekommt, im Sozialamt einreichen. Das Einkommen in diesem Monat wird mit der Höhe der Gebühren gegen gerechnet. In der Regel fällt er dadurch ins AsylbLG und das Sozialamt muss dafür aufkommen. Ablehnungen immer schriftlich geben und rechtlich prüfen lassen. Die Kosten für Haushaltsenergie muss er aber selber tragen. ACHTUNG: Übernahme von formal korrekten Erstattungsbescheide kann abgelehnt werden!! s. Handlungsempfehlung C | |
b. Anerkannte wohnhaft in Asylunterkunft Grundsätzlich gilt, dass diese Gruppe für die UG erstattungspflichtig ist. Sie müssen die Kosten selber beim Jobcenter (wenn in Arbeit oder arbeitslos, also ALG II Bezug bzw Hartz IV) oder beim Sozialamt (wenn Sozialhilfebezug also SGBXII) im Monat der Zustellung beantragen. Die Behörde rechnet das Einkommen in diesem Monat und Gebühren gegen. In der Regel bekommt er dadurch Anspruch auf Kostenübernehme durch die Behörde. Die Kosten für Haushaltsenergie (Strom) muss er aber selber begleichen. ACHTUNG: Übernahme von Erstattungsbescheiden kann abgelehnt werden. s. Handlungsempfehlung C Anerkannte mit Fiktionsbescheinigung oder in der Übergangszeit zur Fiktionsbescheinigung haben einen Anspruch auf ALG II und sollten einen Antrag beim Jobcenter stellen. NICHT abwimmeln lassen. | ug_stundungsantrag-vorlage |
c. Laufende monatliche Bescheide müssen jeder einzeln genauso wie oben beschrieben behandelt werden. | |
4. Höhe der Gebühren korrekt? | |
a. Grundsätzlich ist diese Frage schwer zu beantworten. Denn bisher konnte die Regierung von Unterfranken noch nicht darlegen, auf welcher Rechtsgrundlage die Berechnungen erfolgen. Damit ist keine detaillierte Überprüfung möglich. | |
b. Als Richtschnur: bei einem Einkommen unter ca 700 € vermindert die Geltendmachung von berufsbedingten Kosten (Fahrkarte etc.) die Höhe für den beschiedenen Monat. Falls Belege vorhanden, können sie eingereicht werden bzw dem Widerspruch oder der Klage beigelegt werden. Das ist eher ein Arbeiten an Details und nicht an dem grundsätzlichen Zustandekommen der Bescheide. |
Handlungsempfehlungen
hier werden verschiedene Wege aufgezeigt.
Stand: 08.Februar 2018:
A. Anerkannte können Gebührenfestsetzungsbescheide im Monat der Zustellung bei Sozialamt/Jobcenter Nicht-Anerkannte beim Sozialamt einreichen und Übernahme der Kosten beantragen. Damit akzeptieren sie die Höhe des Bescheides und können dem nicht mehr grundsätzlich widerprechen oder dagegen klagen. Sozialbehörde berechnet die Summe, die übernommen wird. Formal korrekte Erstattungsbescheide können abgelehnt werden. Einkommen in dem Monat muss vom Betroffenen eingesetzt werden. Er hat dann also Einbußen.
ACHTUNG: Energiekosten - 33 € je Monat - müssen selber getragen werden. Für die Energiekosten oder nicht übernommenen Erstattungsbescheide (Teil)-Widerspruch oder Stundung prüfen s. B und C
B. Bei formal korrekten Erstattungsbescheiden: Widerspruch bei der Regierung von Unterfranken einlegen ug_widerspruch-vorlage gegen die Erstattungshöhe bei gleichzeitiger Schilderung der Wohnsituation (tatsächlich erbrachte Unterkunftsleistung). Verweis auf Normenkontrollverfahren (mit Aktenzeichen ug_normenkontrollantrag-unterkunftsgebuehr-dvasyl) und die anstehenden Ergebnisse aus dem Sozialausschuss sinnvoll. Zahlung ist damit aufgeschoben bis zur Entscheidung. Bei negativem Bescheid: Klage nötig siehe B..
C. Personen, die gegen die Gebührenfestsetzungsbescheide oder abgelehnten Widerspruch bei Erstattungsbescheid klagen wollen, an Anwälte vermitteln. Sie müssen gegen jeden einzelnen Bescheid klagen. Wie das geht, was das kostet und was zu beachten ist steht hier ug_heinhold-details-sep2017 und ug_haubner-2017-10-13. Nur diejenigen, die klagen, kommen in den vollen Genuss des Urteils zum Normenkontrollverfahren.
D. Stundung mit Verweis auf die anstehende Entscheidung zum Normenkontrollverfahren beantragen Für die gesamte Höhe der Bescheide oder aber Teilbeträge wie Energiekosten Stundung (mit Aktenzeichen ug_normenkontrollantrag-unterkunftsgebuehr-dvasyl) beantragen. Muss für jeden einzelnen Bescheid beantragt werden. Damit wird ein Aufschub beantragt bis Grundsätze über Rechtmäßigkeit der Bescheide entschieden sind. ug_stundungsantrag-vorlage Hier beseht aber kein Rechts-Anspruch auf Neuberechnung der Bescheide bei positiver Entscheidungen durch Gericht. Es ist aber unüblich, dann „unberechtigte Forderungen“ weiterhin zu betreiben. Man kann also damit rechnen, dass man indirekt in den Genuss der Ergebnisse kommt.
E. Ratenzahlung: Antrag auf Ratenzahlung ist formell ein Stundungsantrag. In der Regel liegen sie dem Bescheid bei mit Fragen zu Höhe des Einkommens und der Ratenhöhe. Der freie Wille des Betroffenen ist dabei unbedingt zu beachten. Ratenzahlung ist grundsätzlich möglich. Vorschlag: mit kleinen Raten entsteht keine neue Notsituation. Zudem ist wahrscheinlich, dass dann der Rest bei gefällter Entscheidung des Normenkontrollverfahrens und/oder Sozialausschusses vermindert wird oder ganz weg fällt.
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Erstellung : Thomas Krahe - 17.11.2017 Letzte Änderung : 08.02.2018 Freigabe :TK Version : 0.01